Gröden 2016: Eine Überraschung und ein Evergreen

Saslong 2016: Max Franz kürt sich unerwartet zum Helden in der Abfahrt und Kjetil Jansrud untermauert die norwegische Dominanz im Super-G. Der Weltcup in Gröden überzeugte einmal mehr mit einer außergewöhnlich guten Pistenpräparierung und einem reibungslosen Ablauf für 11.000 Zuschauer.

Was haben Markus Foser, Max Rauffer und Max Franz gemeinsam? Sie haben (fast) denselben Vornamen und die Abfahrt in Gröden mit hohen Startnummern gewonnen. Zugegeben, beim diesjährigen Sieger war die Überraschung nicht ganz so groß wie bei den anderen beiden. Der Lichtensteiner Foser gewann 1993 mit Nummer 66 vor Werner Franz (Nummer 52, Cousin von Max Franz), der Deutsche Rauffer elf Jahre danach mit 46. Für beide sollte es der einzige Weltcupsieg bleiben. Ob es auch für Max Franz der letzte Sieg sein wird, ist noch offen. Als er mit Nummer 26 kam,  hatten sich eigentlich alle mit der Titelverteidigung des Vorjahressiegers Aksel Lund Svindal abgefunden. Sein zweiter Platz zählt umso mehr, wenn man sich an seinen Kreuzbandriss elf Monate davor in Kitzbühel erinnert. 

Stichwort Startnummern: Es war das große Thema im Zielraum. Die FIS hatte diesen Winter eine neue Regelung eingeführt und nicht alle waren einverstanden. Es sei ein Vorteil für die besten Läufer und damit gerechtfertigt, meinte Aksel Lund Svindal. Ihm entgegnete Christof Innerhofer, dass es kaum mehr Überraschungen geben und der Abstand zu den Besten größer werden würde. Wie dem auch sei: Max Franz hat beide Lügen gestraft und gezeigt, dass ein Rennen noch nicht zu Ende ist, wenn Läufer der Top-Gruppe im Ziel sind. Mit dieser Änderung wollte die FIS Weltcup-Abfahrten für die Zuschauer interessanter gestalten und  als Fernsehprodukt aufwerten. Die zehn Besten der Weltrangliste können sich eine ungerade Startnummer zwischen 1 und 20 aussuchen, den folgenden zehn werden die geraden Nummern zugelost und danach kommt der Rest.

Symbiose ist ein treffendes Wort für Steven Nyman und die Saslong. Der US-Amerikaner feierte alle seine drei Weltcupsiege in Gröden und fuhr 2016 zum vierten Mal aufs Podium. Aber wohl noch nie war ein Rennwochenende so emotional: einige Tage vor der Abfahrt erfuhr er vom Tod seiner Großmutter und nur 12 Stunden vor dem Rennen öffnete er gemeinsam mit seiner Frau eine richtungsweisende E-Mail. Sie kam von ihrem Arzt und enthielt die Information, ob das Paar im Juni eine Tochter oder einen Sohn zur Welt bringen würde. „Wir lagen unter den Grödner Sternen am Sellajoch und lasen gespannt die Nachricht“, erzählt Nyman im Ziel. „Es ist ein Mädchen!“, freuten dich die beiden Eltern, woraufhin sie beschlossen, ihre Tochter Sella zu nennen.

Der Super G auf der Saslong war auch in diesem Jahr eine Domäne der Norweger. Kjetil Jansrud gewann vor Landsmann Aleksander Aamodt Kilde. Es war der siebte norwegische Super-G-Sieg in Gröden in 16 ausgetragenen Rennen. Nur wenig fehlte zur Wiederholung des Dreifachsieges von 2015, doch Aksel Lund Svindal fiel nach guter Fahrt im oberen Teil in der Zielkurve aus. Dritter wurde der Kanadier Erik Guay, der damit seine Saslong-Erfolgsliste verlängerte: 2013 hatte er die Abfahrt gewonnen, 2005 und 2010 war er im Super G auf dem Podium gestanden. Böse endete die Fahrt für Sandro Villetta. Der Schweizer kam in der Ciaslat-Einfahrt zu Sturz und riss sich dabei das vordere Kreuzband im rechten Knie. 

Und die Südtiroler? Im Super G gab es ansprechende Ergebnisse für Dominik Paris (8.), Christof Innerhofer (10.) und Peter Fill (12.). Gepaart mit guten Trainingsresultaten brachte dies große Erwartungen für die Abfahrt, die aber enttäuscht wurden. Während Innerhofer auf der ungeliebten Saslong seine beste Leistung erbrachte und 13. wurde, landeten die Mitfavoriten Fill (22.) und Paris (25.) im geschlagenen Feld. Werner Heel konnte in den Rennen die ansprechende Leistung der Trainings nicht wiederholen. 

In technischer Hinsicht gab es von allen Seiten großes Lob für die hervorragende Präparierung der Saslong. „Fantastisch“, sagte FIS Chefrenndirektor Markus Waldner über die Arbeit der Organisatoren, wenngleich es die Wetterbedingungen um einiges leichter machten als im Vorjahr. In den Wochen vor den Rennen wurden mehrjährige Arbeiten zur Modernisierung der Piste abgeschlossen. Als letzter Abschnitt wurde die Nucia Zielkurve verbreitert. Damit wurden die 1999 begonnenen Arbeiten auf der WM-Piste von 1970 abgeschlossen.

Dem Organisationskomitee stand erstmals Rennleiter Rainer Senoner als Präsident vor. Er trat im Mai 2016 die Nachfolge von Edmund Dellago an, der den Verein seit 2007 geführt hatte. 

Eine weitere Neuerung bei den diesjährigen Rennen kam von der FIS. Erstmals wurden zwei verschiedene Farben eingesetzt, um den Läufer eine bessere Sicht sowie Markierung längs der Strecke zu ermöglichen. Bislang waren alle Linien blau, in Gröden wurden Linien quer zur Fahrtrichtung zum ersten Mal mit grüner Lebensmittelfarbe aufgetragen. Damit sollten die Rennfahrer im 50. Jahr des Ski-Weltcups Sprünge und Kompressionen einfacher und besser erkennen können. „Für mich ist es kein Unterschied“, meinte Peter Fill auf die Frage, ob ihm die Unterscheidung helfen würde.

Eine Neuauflage erlebte in diesem Jahr die Kombinationswertung zwischen den Rennen in Gröden und Alta Badia. Mit der Südtirol Ski Trophy erhielt jener Athlet, der bei den vier Rennen am meisten Weltcuppunkte sammelte, einen speziellen Preis. Der Titel ging mit 182 Zählern an Kjetil Jansrud. Der Norweger bekam 20‘000 Euro und eine Holzbüste in 3D. zudem wurde ein Gericht von Sternekoch Norbert Niederkofler nach dem Sieger benannt. 

Ein weiterer prestigeträchtiger Titel ging heuer an Die Heilousn, den Fanklub von Dominik Paris. Wie schon 2012 und 2013 gewann die Ultner Gruppe das Fan-Festival. Die Heilousn beeindruckten die Jury vor allem durch ihre Gastfreundschaft.  So verteilten die rund 60 Mitglieder Glühwein und Krapfen an alle anderen teilnehmenden Fangruppen und fielen durch ihre knallgrünen Fahnen und die Goaslschnöller auf. Dahinter landete der Fanklub des Abfahrtssiegers Max Franz, der mit nicht weniger als 90 Anhängern in Gröden war. 

Der mit 1.500 Euro dotierte Gianni-Marzola-Preis für den jüngsten Abfahrer ging zum zweiten Mal hintereinander an den Schweizer Niels Hintermann, Jahrgang 1995..